„Boogie With Canned Heat“ war meine zweite LP nach „Rubber Soul“ von den Beatles – von einem Klassenkameraden empfohlen ein Volltreffer einer Band, von der ich noch nichts gehört hatte. Damit hat sich mir 1968 die Welt des Blues und des Blues Rock geöffnet. Wie oft ich das Album seither gehört habe, weiß ich nicht mehr. Als wir zum nächsten Musikunterricht unsere Lieblingsschallplatten mitbringen sollten, hatte ich „Boogie With Canned Heat“ im Gepäck. Der Lehrer hatte allerdings ganz andere Mitbringsel seiner Klasse erwartet. Nachdem er schon zur Single „Hanky Panky“ von Tommy James and the Shondells aus dem Jahr 1966 seine Augen verdreht hatte, kam ich an die Reihe. Keine Minute lief das erste Stück, da stürzte er wutschnaubend an den Plattenspieler, riss die LP herunter, ohne den Tonarm zu heben. Dadurch zog sich ein tiefer Ratscher über die LP-Seite, und vor versammelter Klasse ließ mich der Pädagoge wissen, dass Eltern, die ihren Kindern erlaubten, solche Musik zu hören, mit einem nassen Lappen erschlagen gehörten. Was hätte er wohl gesagt, wenn er auch noch gewusst hätte, dass Canned Heat die aus denaturiertem Alkohol hergestellte giftige Brennpaste Sterno bezeichnet, die arme Teufel schon in den 1920er-Jahren mit Wasser verdünnten und als Schnapsersatz tranken? Entmutigt hat mich der gymnasiale Musikunterricht zum Glück nicht: Ich kratzte mein Taschengeld zusammen, kaufte mir die Platte noch einmal und freute mich auf das nächste Album der Band. Und bis 1971 reihte sich ein originelles Canned-Heat-Album an das andere. Vielfalt und Energie pur!
Was hatte den Lehrer so in Rage gebracht? Es war das energiegeladen pulsierende Stück „Evil Woman“ auf einem Album mit vielen Schmuckstücken, das mit einem Showcase der Band endet, dem „Fried Hockey Boogie“, in dem sich jedes Mitglied gleichermaßen charakteristisch wie banddienlich präsentiert: Alan „Blind Owl“ Wilson, Bob „The Bear“ Hite, Henry „Sunflower“ Vestine, Larry „The Mole“ Taylor und Adolfo „Fito“ de la Parra. Dazwischen liegen das mitreißende „Amphetamine Annie“ mit Hite als Leadsänger und „On the Road Again“, das als Single veröffentlicht und Canned Heats erster internationaler Hit wurde. Der wippende Rhythmus, Wilsons gleichförmig anmutender Falsett-Gesang und seine Blues-Mundharmonika sind bestimmt nicht die Zutaten typischer Hitparadenmusik, aber der Song geht unter die Haut.
1965 gegründet, stehen Canned Heat für rockenden Boogie, mit dem sie ab „Boogie With Canned Heat“ unter anderem den Boogie à la John Lee Hooker revitalisierten und als Antwort auf den britischen Blues-Boom für Furore sorgten.
Den kompletten Bericht findet Ihr im MUSIKER-Magazin 02/2015.