Das Konzept der Verwertungsgesellschaften als Solidargemeinschaft aller Kreativen ist heute wichtiger denn je. Deshalb setzen wir, die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, uns für die Verwertungsgesellschaften gerne ein.
Dabei sind wir mehr und mehr mit der Politik der Europäischen Kommission konfrontiert. In einer Stellungnahme der Obleute von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90 / Die Grünen im Kultur- und Medienausschuss des Deutschen Bundestages haben wir gegenüber Brüssel klargemacht, dass wir das nationale System der kollektiven Rechtewahrnehmung verteidigen (Stellungnahme zu der Konsultation zur Mitteilung über kreative Online-Inhalte im Binnenmarkt, KOM(2007)836 endg).
Das bestehende System der territorialen Rechtevertretung der nationalen Verwertungsgesellschaften kann unseres Erachtens nicht allein unter marktpolitischen bzw. wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten betrachtet werden. Verwertungsgesellschaften erfüllen auch wichtige kultur- und gesellschaftspolitische Aufgaben und tragen mit ihrer Tätigkeit zur Förderung der kulturellen Vielfalt in der Europäischen Union und ihren Mitgliedsstaaten bei. Daher machen wir uns dafür stark, dass die besondere Rolle von Verwertungsgesellschaften bei der Bewahrung und Förderung kultureller Vielfalt im Rahmen der weiteren Beratungen innerhalb der EU über kreative Online-Inhalte im Binnenmarkt Berücksichtigung findet.
Die Vorteile einer kollektiven Vertretung von Urheberrechten durch Verwertungsgesellschaften bleiben auch im digitalen Bereich erhalten: die treuhänderische, kostengünstige Wahrnehmung von Urheberrechten sowie die Möglichkeit, auch über nationale Grenzen hinweg durch das Prinzip der Gegenseitigkeitsverträge aus einer Hand Rechte zur Nutzung von Werken zu erhalten (One-Stop-Shop). Es ist nicht ausgeschlossen, dass DRM-Systeme die Tätigkeit der Verwertungsgesellschaften unterstützen können, ersetzen können sie sie nicht.
Um die Interessen der Kreativen, aber auch der kulturell interessierten und aktiven Gesellschaft auch im Internetzeitalter national wie international bestmöglich wahrnehmen zu können, sollten die Verwertungsgesellschaften nicht mit dem Rücken zur Wand stehen. Kooperation und Dialog mit anderen Akteuren im Musikgeschäft, mit Vereinen und den nicht hauptberuflich aktiven Musikerinnen und Musikern, aber auch der Politik tut Not.
Deshalb sind die jüngsten Initiativen der GEMA zu einer engeren Tuchfühlung mit der nationalen Politik zu begrüßen, etwa ihr Besuch bei uns im Deutschen Bundestag im März oder die Einrichtung des Hauptstadtbüros.
Zu den Verwertungsgesellschaften und speziell der GEMA und ihrer Arbeit erreichen die Politik immer wieder kritische Stellungnahmen und Petitionen. Das Image der GEMA ist, um es deutlich zu sagen, nicht immer und überall gut. Ausführliche erboste Briefe vor allem von nicht hauptberuflichen Musikern und bürgerschaftlich Engagierten, die von großer Sachkenntnis zeugen, geben uns zu denken. Diese Proteste mögen vor allem an der besonders komplizierten Aufgabe liegen, der sich die Verwertungsgesellschaften zu stellen haben, nämlich der fairen und gerechten Erfassung und Vergütung eines schier unüberschaubaren kreativen Schaffens in Deutschland. Dass dabei ganz unterschiedliche, berechtigte Interessen zu berücksichtigen sind – die der Komponisten und Musiker ebenso wie die von ehrenamtlich arbeitenden Vereinen, die einmal im Jahr ein Kinderfest veranstalten-, wissen Sie, verehrte Leser, am besten.
Gleichwohl hat die Politik bei den Verwertungsgesellschaften Handlungsbedarf erkannt. Die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags „Kultur in Deutschland“, die im Dezember letzten Jahres ihren Abschlussbericht vorgelegt hat (Drucksache 16/7000), hat sich intensiv mit diesem Thema befasst und insgesamt 14 Handlungsempfehlungen ausgesprochen.
Diese Empfehlungen zielen u. a. auf eine verbesserte Transparenz der Arbeit der Verwertungsgesellschaften und der Erfüllung ihrer in der Satzung festgelegten sozialen und kulturellen Zwecke sowie auf eine regelmäßige Überprüfung der Verwaltungskosten. Die Enquete-Kommission empfiehlt ausdrücklich, dass die umfassende Repräsentanz aller Wahrnehmungsberechtigten in den Gremien sicherzustellen sei. Empfohlen wird weiterhin eine „deutliche Stärkung“ der Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften. Die Aufsicht solle bei einer Regulierungsbehörde des Bundes angesiedelt werden.
Dies sind zunächst einmal nur Empfehlungen. Derzeit laufen zwischen den Fraktionen im Deutschen Bundestag Verhandlungen, welche Empfehlungen zeitnah, d. h. noch in dieser Legislaturperiode, umgesetzt werden können. Ohne diesen Verhandlungen vorzugreifen, kann ich sagen, dass dabei auch über die Verwertungsgesellschaften intensiv gesprochen wird. Und aus den Verwertungsgesellschaften selbst haben wir glücklicherweise Signale, dass die Handlungsempfehlungen der Enquéte-Kommission dort sehr ernst genommen werden und über eine eigenverantwortliche Umsetzung beraten wird.