Hinweis: Die Antworten lassen mögliche Leistungsschutzrechte, die die GEMA nicht wahrnimmt, außer Betracht.
JULIA NEIGEL: Wie wird eine Komposition definiert und warum kommt es nicht auf die Akkorde, sondern auf die Melodie an?
GEMA: Um als ein urheberrechtliches Werk schutzfähig zu sein, muss ein Werk eine gewisse Individualität aufweisen. Im Bereich der Musik sind an diese keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Geschützt ist bereits die sogenannte „kleine Münze“ d. h. ein geringer Schöpfungsgrad ist ausreichend. Inwieweit sich die notwendige Individualität aus der Melodie oder anderen Elementen ergibt, ist eine Frage des Einzelfalls, es kommt insofern auf eine gewisse Eigentümlichkeit an. Maßgeblich ist der Gesamteindruck. Die notwendige Schöpfungs höhe bestimmt sich nach einer umfassenden Beurteilung aller das Werk prägenden Gestaltungsmerkmale (BGH, Urteil v. 24.1.1991, GRUR 1991, 533, 534 – Brown Girl II).
Unter Anwendung des genannten Grund satzes werden in der Musik regelmäßig formale Gestaltungselemente, die auf den Lehren von Harmonik, Rhythmik und Melodik beruhen, nicht geschützt Dies gilt in der Regel auch für Tonskalen, Rhythmen, Klangfärbungen, Akkorde, die Art der Instrumentierung oder das Prinzip des Wechselgesangs von Solist und Chor (BGH, Urteil v. 26.09.1980, GRUR 1981, 267, 268 – Dirlada; Loewenheim, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, 4. Aufl. 2010, § 2 Rdnr. 123). Der fehlende Urheberrechtsschutz der genannten Elemente ist darin begründet, dass die Freiheit, bestimmte Grundelemente der Musik zu verwenden, nicht zugunsten einzelner Urheber monopolisiert werden darf. Kreatives Schaffen und Urheberrechtsschutz stehen in keinem Widerspruch zueinander. Das Urheberrecht soll den Kreativen schützen und nicht dessen Tätigkeit behindern. Daher besteht an den genannten Elementen ein sogenanntes Freihaltebedürfnis.
JULIA NEIGEL: Können / dürfen Sänger auch komponieren?
GEMA: In ihrer Tätigkeit als Sänger erwerben Sänger als ausübende Künstler ein sogenanntes Leistungsschutzrecht in Bezug auf ihre gesanglichen Darbietungen nach §§ 73 ff. UrhG. Sofern Sänger daneben auch komponieren, können sie an der Komposition ein Urheberrecht erwerben (allein oder in Miturheberschaft). Voraussetzung hierfür ist, dass ihr schöpferischer Beitrag zur jeweiligen Komposition die notwendige Individualität erreicht.
Interview: Julia Neigel (Mit freundlicher Genehmigung von Julia Neigel und der GEMA)
Foto: Christian Barz
Den kompletten Bericht findet Ihr im MUSIKER-Magazin 02/2013.