Viele Leser dieses Artikels, aber auch Mitglieder des Deutschen Rock & Pop Musikerverbandes e. V. werden sich noch an die drei GEMA-Petitionen an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages aus dem Jahre 2009.
Es war Monika Bestle, die mit unglaublichen 106.000 Unterzeichnern ihrer Petition den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages dazu aufforderte, dafür zu sorgen, dass sich die GEMA umfassend im Inkasso- und Ausschüttungsbereich der Konzertlizenzierungen reformiert. Massiv unterstützt wurde sie durch den zweiten Petenten Wieland Harms aus Baden-Württemberg, der in einer eigenen Petition ebenfalls für eine allgemeine Reformierung der GEMA-Strukturen auftrat. Die dritte reichte ich spezifiziert für die GEMA-Inkasso und -Ausschüttungsbereiche Internet, Rundfunk und Fernsehen sowie Konzerte im Bereich der Unterhaltungsmusik ein, verbunden mit einem Appell an die GEMA und den Deutschen Bundestag, dafür zu sorgen, dass die ca. 62.000 angeschlossenen und außerordentlichen GEMA-Mitglieder ein größeres und (ihrem Gesamtaufkommen von ca. 35% am GEMA-Gesamtetat) angemessenes Mitbestimmungsrecht erhalten.
Jetzt liegt eine Beschlussvorlage des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages vor, die ich folgend in diesem Magazin ohne Kürzungen und Abstriche den Lesern vorlege, um zu zeigen, dass der Petitionsausschuss in Bezug auf diese GEMA-Petitionen nun nach ca. zweieinhalbjähriger Arbeit zu einem voraussichtlichen Endergebnis kommt.
Zum besseren Vergleich veröffentliche ich hier einleitend noch einmal die Reformvorschläge meiner GEMA-Petition an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages.
In der Gegenüberstellung dieser Forderungen kann der Leser aus der folgenden Beschlussvorlage des Petitionsausschusses vergleichend ersehen, inwieweit alle fünf dort im Petitionsausschuss vertretenen politischen Parteien unseren/meinen Forderungen zugestimmt oder sie abgelehnt haben.
Bitte nehmt euch die Zeit und lest die folgenden Reformvorschläge sowie die Beschlussvorlage des Petitionsausschusses in aller Ruhe durch. Ihr werdet dann feststellen, dass der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages fast allen Forderungen zugestimmt hat.
GEMA-Petition (2009) an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages
Hauptpetent: Ole Seelenmeyer
- Sprecher Deutscher Rock- und Pop Musikerverband e.V.
- GEMA-Delegierter der angeschlossenen und außerordentlichen Mitglieder (1997 – 2012)
Text der Petition:
Der Deutsche Bundestag möge beschließen,
1. dass die Inkasso- und Ausschüttungs- Modalitäten der GEMA für die urheberrechtlichen Bereiche
1.1 Internet
1.2 Rundfunk/Fernsehen
1.3 Konzerte im Bereich der Unterhaltungsmusik
umfassend überprüft werden.
Der Deutsche Bundestag möge beschließen,
2. dass die jetzige Vertretung der ca. 60.000 angeschlossenen und außerordentlichen GEMA-Mitglieder durch 34 gewählte Delegierte in der Versammlung der ordentlichen GEMA-Mitglieder in angemessener Weise unter Unterlassung restriktiver Kandidaturvoraussetzungen erhöht wird und dass die Vertretung dieser Delegierten in allen ausschüttungsrelevanten Ausschüssen und im Aufsichtsrat gewährleistet wird.
Begründung zu 1:
Die GEMA erhebt in den musikalischen Aufführungs- und Medienbereichen
1.1 Internet
1.2 Rundfunk/Fernsehen
1.3 Konzerte im Bereich der Unterhaltungsmusik
für die Nutzung von musikalischen Werken, für die sie über ihre Berechtigungsverträge Wahrnehmungsrechte besitzt, Lizenzabgaben von Seiten der Nutzer.
In den genannten Aufführungs- und Medienbereichen werden diese Lizenzeinnahmen (abzüglich der Verwaltungskosten) in vielen Fällen nicht angemessen an die Urheber ausgeschüttet, deren eigene Werke/Songs im Internet zum Verkauf angeboten und heruntergeladen (downgeloadet), im Rundfunk & Fernsehen gesendet und im Konzertbereich aufgeführt werden – obwohl diese betroffenen Urheber Mitglieder in der GEMA sind und ihre eigenen Werke/ Songs bei der GEMA gemeldet haben.
1.1 So müssen musikalische Urheber (Songwriter) für ihre eigenen Werke/Songs dann, wenn sie diese auf ihren Internetseiten zum Verkauf anbieten, Lizenzabgaben an die GEMA entrichten.
Diese Lizenzabgaben für ihre eigenen Werke/Songs erhalten diese Urheber/ Songwriter (abzüglich der Verwaltungsgebühr) in den meisten Fällen seitens der GEMA nicht zurück – auch dann nicht, wenn diese Urheber Mitglieder der GEMA und ihre Werke/Songs dort registriert/ gelistet sind.
1.2 So werden viele musikalische Urheber/ Songwriter aus dem Bereich der Popularmusik (Rock, Pop, Folk, Blues, Jazz) in kommunalen, regionalen und Landes- Rundfunk- & TV-Sendern mit ihren eigenen Werken/Songs vorgestellt, d.h. gesendet. Die GEMA kassiert von diesen ca. 200 meistenteils privaten Sendern Jahrespauschal-Lizenzabgaben ohne Aufforderung an die Sender, musikalische Programmfolgebögen einzureichen, mit der Folge, dass die betroffenen Urheber für ihre gesendeten Werke/Songs keine Tantiemen aus dem Rundfunkrecht erhalten – auch dann nicht, wenn diese betroffenen Urheber/Songwriter Mitglieder der GEMA und ihre Werke dort registriert, d.h. gelistet sind. Lediglich bei Sendungen öffentlich-rechtlicher und großer privater Rundfunk-/TV-Sender werden Tantiemen direkt an die betreffenden Urheber ausgezahlt.
1.3 So führen viele semiprofessionelle und professionelle Musikgruppen aus den musikalischen Bereichen der Rock-, Pop-, Folk-, Blues- und Jazzmusik ihre eigenen Werke bundesweit in größeren Konzerten auf und erhalten seitens der GEMA keine angemessene Auszahlung der von ihr für diese Konzerte bei den Konzertveranstaltern eingenommenen Lizenzabgaben.
Das kann so weit gehen, dass die Musikgruppen und Interpreten (alle GEMA-Mitglieder), die ihre eigenen Werke/Songs (zu 75%) z.B. in 6 Monaten eines Jahres in 6 eigenen Konzerten (in einer Verrechnungsregion) aufführen (Konzertsäle ca. 350 m2, 12 Euro Eintritt, 15 Eigenkompositionen, 5 Fremdkompositionen, keine CD) dafür ca. 1800,– Euro an Lizenzabgaben an die GEMA zu entrichten haben und infolge des „Pro“-Verfahrens ca. 1 Jahr später nur ca. 10% dieses eingezahlten Gesamtbetrages zurückerhalten – obwohl 75% eigene Werke/Songs dieser betroffenen Musiker-Urheber aufgeführt wurden (s. Einzahlungs- und Auszahlungs-Statistik).
Die Benachteiligung an den Tantieme-Ausschüttungen der GEMA trifft vor allen Dingen junge Nachwuchskomponisten und Texter, die meistenteils nur über eine äußerst geringe Wertung (Tantieme-Multiplikator) und über keine Wertungszuschläge (Tantieme-Multiplikator) für Evergreens und Standardwerke verfügen.
Begründung zu 2:
Die ca. 60.000 angeschlossenen und außerordentlichen GEMA-Mitglieder werden in den GEMA-Hauptversammlungen (der ordentlichen Mitglieder) lediglich durch 34 gewählte Delegierte vertreten.
Diese Unterrepräsentanz der Vertretung dieser 60.000 vereinsrechtlichen GEMA-Nicht-Mitglieder erfolgt, obwohl diese 60000 Urheber ca. 37,5% des GEMA-Gesamtaufkommens erwirtschaften.
Eine angemessene Vertretung der Delegierten der angeschlossenen und außerordentlichen GEMA-Mitglieder muss unter Berücksichtigung dieses erwirtschafteten Teilaufkommens am GEMA-Gesamtaufkommen erfolgen!
Zum anderen muss eine angemessene Delegiertenvertretung in allen tantiemerelevanten Ausschüssen und im Aufsichtsrat erfolgen, um die legitimen Rechte der 60.000 Urheber in diesen entscheidenden GEMA-Gremien zu gewährleisten.
Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages
1. Die Petition
a) der Bundesregierung – dem Bundesministerium der Justiz – als Material zu überweisen und
b) den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben, soweit es um gesetzgeberische Verbesserungen geht;
c) der Bundesregierung – dem Bundesministerium der Justiz – als Material zu überweisen und dem Deutschen Patent- und Markenamt zuzuleiten, soweit es um das sogenannte PRO-Verfahren geht;
d) der Bundesregierung – dem Bundesministerium der Justiz – als Material zu überweisen und dem Deutschen Patent- und Markenamt zuzuleiten, soweit es um eine verbesserte Staatsaufsicht geht;
e) der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) zur Information zuzuleiten, soweit mögliche Reformen angesprochen werden;
2. das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen
Begründung
Mit der Petition wird gefordert, dass die Inkasso- und Ausschüttungsmodalitäten der GEMA für bestimmte urheberrechtliche Bereiche umfassend überprüft werden und die nichtordentlichen Mitglieder der GEMA in angemessener Weise vertreten werden.
Zur Begründung trägt der Petent im Wesentlichen vor, in den Aufführungs- und Medienbereichen Internet, Rundfunk/Fernsehen und Konzerten und Ähnlichem würden die eingenommenen Lizenzeinnahmen (abzüglich der Verwaltungskosten) in vielen Fällen nicht angemessen an die Urheber ausgeschüttet. So müssten Urheber für ihre eigenen Werke Lizenzabgaben an die GEMA entrichten, wenn sie diese auf ihren Internetseiten zum Verkauf anböten. Diese Lizenzabgaben für ihre eigenen Werke (abzüglich der Verwaltungsgebühren) erhielten diese Urheber in den meisten Fällen seitens der GEMA nicht zurück – auch dann nicht, wenn diese Urheber Mitglied der GEMA und ihre Werke dort registriert seien. Die Benachteiligung an den Tantieme-Ausschüttungen der GEMA nach dem sog. „Pro-Verfahren“ träfe vor allen Dingen junge Nachwuchskomponisten und Texter, die meistenteils nur über eine äußerst geringe Wertung (Tantieme-Multiplikator) und über keine Wertungszuschläge für Evergreens und Standardwerke verfügten. Die ca. 60.000 angeschlossenen und außerordentlichen GEMA-Mitglieder würden in den GEMA-Hauptversammlungen (der ordentlichen Mitglieder) lediglich durch 34 gewählte Delegierte vertreten, obwohl diese 60.000 Urheber ca. 35% des GEMA-Gesamtaufkommens (indirekt) erwirtschaften.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die von dem Petenten eingereichten Unterlagen sowie seinen Vortrag im Rahmen der öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses am 17. Mai 2010 verwiesen.
Zu dem Anliegen dieser Petition und zum Themenkomplex „GEMA“ insgesamt liegen dem Petitionsausschuss zahlreiche Eingaben mit verwandter Zielsetzung vor, die wegen des Sachzusammenhangs einer gemeinsamen parlamentarischen Prüfung unterzogen werden. Es wird um Verständnis gebeten, dass nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte im Einzelnen eingegangen werden kann.
Der Petitionsausschuss hat zu der Eingabe eine öffentliche Sitzung sowie mehrere erweiterte Berichterstattergespräche durchgeführt. Ferner wurden mehrere Stellungnahmen des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) und Auskünfte der GEMA eingeholt.
Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Bei der GEMA handelt es sich um einen privatrechtlichen wirtschaftlichen Verein, der nur in besonderen Teilbereichen einer öffentlichen Kontrolle unterliegt. Die Aufgabe des Petitionsausschusses beschränkt sich nach Art. 17 GG im Wesentlichen auf die Prüfung von Bitten zur Gesetzgebung und Beschwerden gegen öffentliche Stellen auf Bundesebene. Die Tätigkeit von Privatpersonen bzw. juristischen Personen des Zivilrechts in Einzelfällen ist in aller Regel nicht Gegenstand einer parlamentarischen Prüfung des Petitionsausschusses.
Die Prüfung der GEMA-Anliegen durch den Petitionsausschuss beschränkt sich im Kern darauf, ob möglicherweise gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht und ob die öffentliche Kontrolle der GEMA, soweit sie gesetzlich vorgesehen ist und insbesondere durch das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) wahrgenommen wird, in ausreichender Weise funktioniert.
Ferner sei darauf verwiesen, dass der Petitionsausschuss kein Untersuchungsausschuss ist, der sich auf ein festgelegtes Thema konzentrieren und dieses bis ins letzte Detail untersuchen kann. Vielmehr erreichen den Petitionsausschuss jährlich zahlreiche Bitten und Beschwerden, bei denen angesichts der begrenzten sachlichen und personellen Möglichkeiten des Ausschusses keine zu detaillierte Untersuchung von komplexen Themen wie dem der GEMA möglich ist.
Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der außergewöhnlich Anzahl von Petitionen gegen die GEMA, zahlreichen Mitzeichnern und der begleitenden öffentlichen Diskussionen hat der Petitionsausschuss gleichwohl versucht, die Anliegen hinsichtlich der GEMA so weitgehend wie ihm möglich zu untersuchen.
Darüber hinaus bringt der Petitionsausschuss die Erwartung zum Ausdruck, dass die GEMA – auch soweit sie gesetzlich nicht verpflichtet ist, Empfehlungen des Petitionsausschusses und des Deutschen Bundestages umzusetzen – die Ergebnisse des Petitionsverfahrens zur Kenntnis nimmt und im eigenen Interesse ernsthaft nach Möglichkeiten sucht, aufgezeigte Defizite zu verbessern. Der Petitionsausschuss weist besonders darauf hin, dass die Eingaben, die sich über die GEMA beschweren, nicht nur außergewöhnlich zahlreich sind, sondern aus so unterschiedlichen Lagern wie Kleinveranstaltern, Bürgern und vor allem eigenen GEMA-Mitgliedern stammen.
Im Ergebnis trifft der Petitionsausschuss folgende Bewertungen:
1. Die GEMA im Innenverhältnis
1.1 Ausreichende Mitbestimmungsrechte aller Mitglieder?
In verschiedenen Eingaben wird gerügt, dass faktisch nur die rund 3.400 ordentlichen Mitglieder der GEMA ausreichend Mitbestimmungsrechte besäßen, die rund 61000 nichtordentlichen Mitglieder hingegen insgesamt nur durch 34 Delegierte vertreten würden (bezogen auf das Jahr 2009) (ab 2012 68 Delegierte), die zudem nicht einmal das passive Wahlrecht besäßen. Dies sei nicht nur undemokratisch, sondern führe auch wirtschaftlich zu einer Benachteiligung der nichtordentlichen Mitglieder.
Der Petitionsausschuss hält diese Bedenken für gerechtfertigt.
Zwar ist gegen die Dreiteilung in ordentliche, außerordentliche und angeschlossene Mitglieder grundsätzlich nichts einzuwenden. § 6 Abs. 2 UrhWG sieht eine Unterscheidung vor, nach der es Berechtigte geben darf, die nicht als Mitglieder in eine Verwertungsgesellschaft aufgenommen werden. Allerdings schreibt § 6 Abs. 2 Satz 1 UrhWG zugleich vor, dass die Belange dieser Berechtigten durch ihre gemeinsame Vertretung (hier: der Delegierten) angemessen wahrgenommen werden können müssen.
Hier bestehen hinsichtlich der GEMA aus Sicht des Petitionsausschusses erhebliche Bedenken. Die gegenwärtige geringe Anzahl von Delegierten kann nicht ansatzweise dafür Sorge tragen, dass die berechtigten Interessen der nichtordentlichen Mitglieder wahrgenommen und berücksichtigt werden. Den über 3.000 ordentlichen Mitgliedern, die volles Stimmrecht besaßen, standen bis zum Jahr 2011 nur 34 Delegierte gegenüber; ab dem Jahr 2011 ist die Zahl auf 68 erhöht worden (in Relation zu 3.414 ordentlichen Mitgliedern).
Ihre Mitwirkungsrechte sind darüber hinaus im Vergleich zu den ordentlichen Mitgliedern nicht gleichwertig. So besitzen diese Delegierten der angeschlossenen und außerordentlichen GEMA-Mitglieder zwar in der Mitgliederversammlung ein Stimmrecht, aber kein passives Wahlrecht. In den beiden wichtigen Ausschüssen, die mit über bestimmte Ausschüttungsmodalitäten entscheiden, haben die Delegierten nur eine beratende Stimme. Diese überaus restriktiven Mitwirkungsrechte stehen in keiner angemessenen Relation zu den wirtschaftlichen Beiträgen, die die nichtordentlichen Mitglieder zugunsten der GEMA erbringen: Die mittelbar von ihnen generierten Einnahmen betragen rund ein Drittel und stellen einen substanziellen Betrag dar.
Bei dieser sehr einseitigen Machtverteilung zugunsten der ordentlichen Mitglieder besteht die erhebliche Gefahr, dass wirtschaftliche Entscheidungen getroffen werden, die die nichtordentlichen GEMA-Mitglieder benachteiligen. Der Petitionsausschuss sieht daher dringenden Handlungsbedarf, um die Mitwirkungsrechte der nichtordentlichen GEMA-Mitglieder als Gruppe insgesamt zu stärken und in etwa an ihrem tatsächlichen wirtschaftlichen Beitrag auszurichten.
Das Problem wurde durchaus auch innerhalb der GEMA erkannt. Die GEMA-Verwaltung hat in den vergangenen Jahren mehrfach durch Vorschläge an die Mitgliederversammlung versucht, die Zahl der Delegierten zu erhöhen. In der Vergangenheit wurden jedoch ihre sehr maßvollen Reformanträge durch die Mitgliederversammlung wiederholt abgelehnt. Zuletzt haben Aufsichtsrat und Vorstand einen Antrag in die ordentliche Mitgliederversammlung vom 21. und 22. Juni 2011 eingebracht, nach dem die Zahl der Delegierten in den einzelnen Berufsgruppen jeweils verdreifacht und somit von insgesamt 34 auf bis zu 102 erhöht werden sollte. Dieser Reformvorschlag fand keine Zustimmung der Mitgliederversammlung. Die 2011 beschlossene Neuregelung sieht nunmehr vor, dass sich die Zahl der Delegierten von bislang 34 auf bis zu 68 erhöht.
Angesichts dieser langjährigen Erfahrungen geht der Petitionsausschuss nicht davon aus, dass eine Lösung des Problems innerhalb der GEMA gefunden werden kann. Es sollte daher seitens der Staatsaufsicht auf die notwendige Umsetzung des § 6 Abs. 2 Satz 1 UrhWG gedrungen werden, der ausdrücklich eine angemessene Wahrnehmung der Belange jener Berechtigten fordert, die nichtordentliche Mitglieder sind. Jenseits davon wäre auch an eine gesetzliche Regelung zu denken, die beispielsweise den Begriff der „Angemessenheit“ in § 6 Abs. 2 Satz 1 UrhWG konkretisiert und insbesondere auf den wirtschaftlichen Gesamtbeitrag der Berechtigten abstellt.
1.2 Das sogenannte PRO-Verfahren
In verschiedenen Petitionen wird kritisiert, dass das sogenannte PRO-Verfahren selbst aufführende Urheber aus dem semiprofessionellen Bereich erheblich benachteilige. Dies gelte insbesondere für Einnahmen zwischen 300,– und 750,– Euro, bei denen bis zu 90% der von den Veranstaltern für die Urheber an die GEMA abgeführten Lizenzvergütungen bei der Ausschüttung nicht an diese zurückgezahlt würden. Auch seien die regionalen und zeitlichen Anknüpfungspunkte des PRO-Verfahrens ungenügend, da beispielsweise Bands in großen Städteverbünden wie dem Ruhrgebiet weitaus leichter zahlreiche Wertungspunkte (mittels eng aneinander liegender PLZ-Gebiete) erreichen könnten. Darüber hinaus sei das PRO-Verfahren nicht in der Satzung der GEMA enthalten, obwohl es erheblichen Einfluss auf die Ausschüttung vieler Urheber habe.
Im Ergebnis hält der Petitionsausschuss folgende Änderungen beim PRO-Verfahren für notwendig:
Nach Ansicht des Petitionsausschuss ist das kritisierte Matrixsystem jedenfalls nach der Reform im Jahr 2009 als solches nicht substanziell zu beanstanden. Verbesserungswürdig erscheint allenfalls noch der Zeitfaktor, soweit er besondere saisonale Einflüsse wie den Karneval bislang nicht berücksichtigt. Denkbar wäre hier möglicherweise, zur Korrektur Bonuspunkte zu verleihen, soweit Werke in den jeweils typischen Regionen nur saisonal gespielt werden. Für das Tätigwerden der Aufsichtsbehörde besteht insoweit jedoch keine Notwendigkeit.
Anders verhält es sich in dem Bereich der Ausschüttung, die bei verschiedenen Gruppen von selbst aufführenden Urhebern zu sehr unterschiedlichen Verteilungen führt. Die GEMA hat hierzu eine Aufstellung vorgelegt, die die Auswirkungen des PRO-Verfahrens auf selbst aufführende Nachwuchsurheber und Semiprofessionelle in vier für die Praxis typischen Fallgruppen darstellt.
Zusammenfassend ergeben sich anhand dieser Tabelle folgende Werte:
Die selbst aufführenden Nachwuchsurheber erhalten in zwei der vier Fälle 311% der Einnahmen ausgeschüttet, die die GEMA als Inkasso für sie vom Veranstalter erhalten hat. In den beiden anderen Fällen erhalten sie immerhin noch 181% bzw. 129%.
Die selbst aufführenden semiprofessionellen Urheber erhalten in zwei der vier Fälle 46% der Einnahmen ausgeschüttet, die die GEMA als Inkasso für sie vom Veranstalter erhalten hat. In den beiden anderen Fällen erhalten sie sogar nur 19% bzw. 27% (schlimmstenfalls lediglich 10%).
Der Petitionsausschuss hat generell nichts gegen eine großzügige Förderung von Nachwuchsurhebern einzuwenden; allerdings geht diese offensichtlich auf Kosten einer zweiten Gruppe, nämlich der der selbst aufführenden semiprofessionellen Urheber. Es begegnet bereits erheblichen rechtlichen Bedenken, wenn diese in zwei von vier typischen Fällen nur 46% ihrer selbst erwirtschafteten Vergütungen erhalten – mithin nicht mal 50%. In keinem Fall hinnehmbar ist es jedoch, wenn diesen Urhebern in den anderen typischen Fallgruppen nur 27% und 19% ausgeschüttert werden. Dies kommt einer weitgehenden Enteignung gleich und ist weder mit dem Gleichheitsgrundsatz noch den rechtlichen Vorgaben des § 7 Satz 1 UrhWG vereinbar, der eine willkürliche Verteilung untersagt. (1998–2012) (Ab 2013 neues Verfahren mit dem Namen „Inka“)
Darüber hinaus ist auch die Kritik verschiedener Petenten nachvollziehbar, dass für semiprofessionelle selbst aufführende Urheber die Chancen auf eine ordentliche Mitgliedschaft durch die reduzierten Ausschüttungen erheblich vermindert werden!
Der Petitionsausschuss ist der Ansicht, dass das DPMA als Aufsichtsbehörde das Ausschüttungsmodell „Pro“ überprüfen und auf eine Korrektur der aufgezeigten krassen Missverhältnisse hinwirken sollte. (ab 2013 gilt das neue „Inka“-Verfahren)
Auch die Kritik eines Petenten, dass das PRO-Verfahren trotz seiner Auswirkungen auf die Ausschüttung an Urheber nicht in die Satzung aufgenommen sei, hält der Petitionsausschuss für berechtigt. Der Hinweis von GEMA und BMJ, dass das im Jahr 2009 modifizierte PRO-Verfahren von der Mitgliederversammlung bestätigt worden sei und eine Satzungsaufnahme sich damit erübrige, greift ebenso wenig wie die Ansicht, dass es sich lediglich um eine statistische Hochrechnungsmethode handele!
Vielmehr hat die Anwendung des PRO-Verfahrens erhebliche Auswirkungen auf die tatsächlichen Ausschüttungen an die Urheber, wie die oben untersuchten Beispiele belegen. Nach § 7 Satz 3 UrhWG sind „die Grundsätze des Verteilungsplans … in die Satzung der Verwertungsgesellschaft aufzunehmen“. Auch der BGH hat in dem vorgenannten Urteil inzident eine Aufnahme in die Satzung der GEMA für notwendig erachtet.
Der Petitionsausschuss ist daher der Ansicht, dass das DPMA als Aufsichtsbehörde auf eine Aufnahme der Grundsätze des PRO-Verfahrens in die Satzung hinwirken sollte (unter Korrektur der oben aufgeführten Mängel). (ab 2013 gilt das neue „Inka“-Verfahren)
1.3 Weitere Kritikpunkte hinsichtlich des GEMA-Innenverhältnisses
Grundsätzlichen Handlungsbedarf sieht der Petitionsausschuss hier nicht. Insbesondere die Informationspolitik der GEMA zugunsten der Urheber hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Beispielsweise können sich Urheber nun mittels des deutlich verbesserten Internetauftritts leichter und umfassender informieren. Angesichts der nach wie vor sehr komplizierten Materie bleibt die GEMA jedoch aufgerufen, sich weiterhin um Verbesserungen in ihrem Informationsmanagement zu bemühen.
2. Die GEMA und das Sonderproblem selbst aufführender Urheber, insbesondere im Internet
2.1 Verbesserte Bedingungen für Auftritte von selbst aufführenden Urhebern
Urheber, die ihre Werke vor allem selbst aufführen, stehen mitunter in einer Doppelrolle, die besondere Probleme aufwirft: Einerseits sind sie als Urheber daran interessiert, die ihnen zustehenden Tantiemen zu erhalten; andererseits könnten zu restriktive Bedingungen seitens der GEMA dafür sorgen, dass Auftrittsmöglichkeiten jedenfalls für Nachwuchsurheber, bei denen oft nur geringe Publikumszahlen zu erwarten sind, zunehmend wegfallen.
Aus verschiedenen anderen Petitionen ergibt sich, dass dieses Problem auch seitens der Kleinveranstalter gesehen wird, die damit drohen, Nachwuchskonzerte zu reduzieren, weil sie sich wegen des hohen Aufwands und zu geringer Erträge nicht rechneten. Nachwuchsurheber selbst argumentieren, dass es ihnen in diesem frühen Stadium ihrer Karriere wichtiger ist, überhaupt ein Publikum zu finden und fordern selbst, dass die GEMA hierfür erleichterte Bedingungen schaffen soll.
Zu dieser Problematik bietet die GEMA aus Sicht des Petitionsausschusses noch keine befriedigenden Modelle. Der Petitionsausschuss empfiehlt daher der GEMA, ihre Förderungsmöglichkeiten zu überdenken. Darüber hinaus sollte die GEMA auch nach Möglichkeiten suchen, Kleinveranstalter bei Aufführungen mit geringen Zuschauerzahlen bei der Bürokratie und ggf. auch den Vergütungen zu entlasten.
2.2 Nachwuchsurheber, die sich vor allem über das Internet selbst vermarkten
Ein besonderes Problem betrifft Nachwuchsurheber, die sich vor allem über das Internet selbst vermarkten wollen, um dort Interessenten für ihre Musik zu finden. Sie kritisieren, dass die Regelungen der GEMA ganz überwiegend auf den traditionellen Musikmarkt zugeschnitten sind und sie in ihrer Entwicklung übermäßig behindern würden.
Der Petitionsausschuss empfiehlt der GEMA, nach neuen Möglichkeiten zu suchen, die den Interessen moderner Urheber ausreichend gerecht werden. Dies gilt beispielsweise für verbesserte kostenfreie On-Demand- und Streaming-Möglichkeiten, die sich zurzeit auf die Homepage eines Urhebers beschränken, aber auch für die Zulassung von bei der GEMA registrierten Werken bei sogenannten Creative-Commons-Lizenzen.
3. Die GEMA und die Aufsicht durch das DPMA
3.1 Kritik an der Tätigkeit des DPMA als Aufsichtsbehörde
Verschiedene Petenten haben dem DPMA vorgeworfen, seiner Aufsichtspflicht nur ungenügend nachzukommen. Es entstehe der Eindruck, dass Anfragen und Beschwerden bzgl. der GEMA unerwünscht seien. Unterlagen würden von einem zum anderen Mitarbeiter weitergereicht, ohne bearbeitet zu werden. Zudem werde auf möglicherweise entstehende Gebühren hingewiesen.
Nach Auskunft des BMJ werden eingehende Beschwerden zunächst der betroffenen Verwertungsgesellschaft zur Stellungnahme zugeleitet; im Anschluss daran wird die Eingabe aufsichtlich gewürdigt. Stichhaltige Hinweise auf Verfahrensverschleppungen lägen dem BMJ nicht vor. Das DPMA nehme vielmehr jede Beschwerde zum Anlass, die dieser zu Grunde liegende Sachbehandlung der Verwertungsgesellschaft zu prüfen. Zudem fallen in den Verfahren der Staatsaufsicht keine Gebühren an; hier liege möglicherweise eine Verwechslung mit der Schiedsstelle vor.
Der Petitionsausschuss hat keine ausreichenden Anhaltspunkte, um ein Fehlverhalten des DPMA bzgl. einzelner Beschwerden festzustellen.
Allerdings ist bekannt, dass das DPMA in der Vergangenheit durch die Vielzahl seiner Aufgaben überfordert war. So hat bereits die Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ festgestellt, dass eine effiziente Aufsicht durch das DPMA durch ein zu großes Spektrum an Aufgaben erschwert wird und andererseits viel zu wenig Mitarbeiter und Sachmittel zur Verfügung stünden (Abschlussbericht, BT-Drs. 16/7000, S. 282).
In den Jahren nach Veröffentlichung des Berichts ist immerhin eine spürbare Personalaufstockung erfolgt, die der Petitionsausschuss ausdrücklich begrüßt. Gleichwohl bleibt das strukturelle Defizit bestehen, auf das bereits die Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ hingewiesen hat: Die Aufsicht erfolgt durch ein einzelnes Referat und entspricht in dieser Struktur nicht dem großen Aufgabenfeld und der erheblichen Bedeutung, die eine effektive Staatsaufsicht über die Verwertungsgesellschaften besitzt (Abschlussbericht, BT-Drs. 16/7000, S. 282 ff.). Die Aufstockung von Personal und Sachmittel würde es zudem ermöglichen, über eine Evidenzkontrolle hinaus auch im Einzelfall zu kontrollieren, dass die Verwertungsgesellschaften ihren gesetzlichen Verpflichtungen ordnungsgemäß nachkommen.
Der Petitionsausschuss schließt sich daher den Handlungsempfehlungen 13 und 14 der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ an (Abschlussbericht, BT-Drs. 16/7000, S. 285) und empfiehlt (1) dem Deutschen Bundestag, die Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften nach dem Urheberrechtswahrnehmungsgesetz bei einer Regulierungsbehörde des Bundes anzusiedeln und diese mit den erforderlichen personellen Ressourcen auszustatten; (2) der Bundesregierung – dem BMJ -, die Aufsicht anzuhalten, sich nicht auf eine Evidenzkontrolle zu beschränken, sondern auch im Einzelfall zu kontrollieren, dass die Verwertungsgesellschaften ihren gesetzlichen Verpflichtungen ordnungsgemäß nachkommen.
3.2 Insbesondere: Verhalten des DPMA beim sogenannten PRO-Verfahren
Ein Petent hat das Verhalten des DPMA nach Erlass der BGH-Urteils vom 19. Mai 2005 zum sogenannten PRO-Verfahren kritisiert (BGH, Urteil vom 19. Mai 2005, Az.: I ZR 299/02; GRUR 2005, S. 757 ff.). Der BGH hatte darin u.a. den Hinweis an die Aufsichtsbehörde gegeben, dass das PRO-Verfahren aufgrund seiner großen praktischen Bedeutung in die Satzung der GEMA aufgenommen werden solle. Nachfolgend haben jedoch weder GEMA noch das DPMA auf eine Satzungsaufnahme hingewirkt. Das DPMA hat vielmehr mit Bescheid vom 01.06.2006, Az. 3601/20 – 4.3.4. – I/516, festgestellt, dass das PRO-Verfahren nicht zu den Grundsätzen der Verteilung gehöre, die gemäß § 7 Satz 3 UrhWG in der Satzung der GEMA verankert werden müssen und daher einer Beschlussfassung durch die Mitgliederversammlung bedürfen. Das BMJ hat die Ansicht des DPMA gegenüber dem Petitionsausschuss geteilt.
Der Petitionsausschuss hält die Kritik des Petenten an diesem Verhalten des DPMA für nachvollziehbar. Gerade wenn die GEMA aus ihren spezifischen Interessen heraus das Urteil des BGH sehr einseitig in ihrem Sinne auslegt, wäre es Sache einer effizienten Staatsaufsicht, hier korrigierend einzugreifen. Das Verhalten des DPMA, nicht nur untätig zu bleiben, sondern das Urteil des BGH sogar noch zugunsten der GEMA-Interessen „umzuinterpretieren“, offenbart ein deutliches Defizit in der Staatsaufsicht.
Der Petitionsausschuss fordert daher die GEMA auf, das PRO-Verfahren aufgrund seiner Bedeutung gemäß §7 Satz 3 UrhWG in die Satzung aufzunehmen; ferner überweist er die Eingabe als Material an das BMJ und an das DPMA, damit sie auf eine entsprechende Satzungserweiterung hinwirken. (Mitgliederabstimmung durchführen) (ab 2013 gilt das neue „Inka“-Verfahren)
4. Zusammenfassendes Ergebnis
Soweit es um gesetzgeberische Verbesserungen geht, empfiehlt der Ausschuss, die Eingabe der Bundesregierung – dem BMJ – als Material zuzuleiten, damit sie bei zukünftiger Gesetzgebung in die Überlegungen mit einbezogen wird, und die Petition den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben, da sie als Anregung für eine parlamentarische Initiative geeignet erscheint.
Soweit es um die Aufnahme des PRO-Verfahrens in die Satzung geht, empfiehlt der Ausschuss, die Eingabe der Bundesregierung – dem BMJ – als Material zu überweisen und dem DPMA zuzuleiten, damit sie auf eine entsprechende Satzungserweiterung hinwirken. Ferner soll das DPMA als Aufsichtsbehörde das Ausschüttungsmodell überprüfen und auf eine Korrektur der aufgezeigten krassen Missverhältnisse hinwirken.
Soweit es um eine verbesserte Staatsaufsicht geht, empfiehlt der Ausschuss ferner, die Petition der Bundesregierung – dem BMJ – als Material zu überweisen und dem DPMA zuzuleiten, damit sie bei zukünftigen Initiativen in die Überlegungen mit einbezogen wird.
Soweit mögliche Reformen angesprochen werden, empfiehlt der Ausschuss zudem, die Eingabe der GEMA zur Information zuzuleiten, um sie auf bestehenden Handlungsbedarf aufmerksam zu machen.
Im Übrigen empfiehlt der Ausschuss, das Petitionsverfahren abzuschließen, da dem Anliegen der anderen Petitionen nicht entsprochen werden konnte.