Handlungsempfehlungen

Der Deutsche Bundestag berief im Februar 2006 erneut eine Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ mit dem Ziel, für den Gesamtbereich Kunst und Kultur in Deutschland Handlungsempfehlungen für die Mitglieder des Deutschen Bundestages zu erarbeiten. Unter den annähernd 500 Handlungsempfehlungen dieser Enquete-Kommission gibt es auch außerordentliche Handlungsempfehlungen in bezug auf die GEMA. Diese stellen wir hier unseren Lesern vor:

  1. Die Enquete-Kommission empfiehlt dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung, das System der kollektiven Rechtewahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften als wichtiges Element auch zur Sicherung der kulturellen Vielfalt aufrechtzuerhalten und zu verteidigen.
  2. Die Enquete-Kommission empfiehlt der Bundesregierung, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die Empfehlung der EU-Kommission vom 18. Oktober 2005 über „die länderübergreifende kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten, die für Online-Musikdienste benötigt werden“ nicht weiter verfolgt wird. Die Bundesregierung sollte dabei die besonderen sozialen und kulturellen Leistungen der Verwertungsgesellschaften in der Diskussion betonen. Dem anerkennenswerten Bedürfnis der Nutzerseite, an jedem Ort in Europa europaweite Lizenzen erwerben zu können, sollte durch eine Realisierung der „Option 2“, also einem Geflecht von Gegenseitigkeitsverträgen, genügt werden.
  3. Die Enquete-Kommission empfiehlt dem Deutschen Bundestag, den Verwertungsgesellschaften gesetzlich zu untersagen, als Inkassounternehmen für kommerzielle Unternehmen tätig zu werden, die auch als Berechtigte dieser Verwertungsgesellschaften qualifiziert wären. Damit wird verhindert, dass Berechtigte ihre Rechte der Tarifhoheit der Verwertungsgesellschaft, der Tarifüberprüfung durch die Schiedsstelle und dem Abschlusszwang entziehen,  um sie anschließend Verwertungsgesellschaften lediglich zur Verwaltung und zum Inkasso nach Tarifvorgaben des jeweiligen Berechtigten zu übergeben.
  4. Die Enquete-Kommission empfiehlt dem Deutschen Bundestag, die Verwertungsgesellschaften gesetzlich zu verpflichten, Inhalt und Durchführung der Gegenseitigkeitsverträge der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
  5. Die Enquete-Kommission empfiehlt den Verwertungsgesellschaften, ihren durch das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz begründeten Verpflichtungen zur Transparenz stärker als bisher nachzukommen und dabei insbesondere auf die Erfüllung der sozialen und kulturellen Zwecke einzugehen.
  6. Die Enquete-Kommission empfiehlt der Aufsichtsbehörde, die Höhe der Verwaltungskosten bei den Verwertungsgesellschaften regelmäßig zu prüfen.
  7. Die Enquete-Kommission empfiehlt den Verwertungsgesellschaften, die umfassende Repräsentanz aller Wahrnehmungsberechtigten, die an der Wertschöpfung tatsächlich beteiligt sind, in den entscheidungserheblichen Gremien, besonders bei der Verteilung, sicherzustellen. Gegebenenfalls sollte der Deutsche Bundestag entsprechend gesetzgeberisch tätig werden.
  8. Die Enquete-Kommission empfiehlt dem Deutschen Bundestag, § 52 Urhebergesetz so zu fassen,  dass die Intention des Gesetzgebers, die Vergütungspflicht für Veranstaltungen der Jugendhilfe, der Sozialhilfe, der Alten- und Wohlfahrtspflege, der Gefangenenbetreuung sowie für Schulveranstaltungen, sofern sie nach ihrer sozialen oder erzieherischen Zweckbestimmung nur einem bestimmt abgegrenzten Kreis von Personen zugänglich sind, entfallen zu lassen, eine tatsächliche Umsetzung erfährt.
  9. Die Enquete-Kommission empfiehlt der GEMA, bei ihren Abrechnungsmodellen die besondere Situation der gemeinnützigen Strukturen stärker zu berücksichtigen.
  10. Die Enquete-Kommission empfiehlt der GEMA, in ihrer Satzungen festzulegen, wann und unter welchen Umständen Gesamtverträge abgeschlossen werden können.
  11. Die Enquete-Kommission empfiehlt dem Deutschen Bundestag, die Hinterlegungspflicht des § 11 Abs. 2 Urheberrechtswahrnehmungsgesetz auf Tarifstreitigkeiten bezüglich gesetzlicher Vergütungsansprüche auszudehnen.
  12. Die Enquete-Kommission empfiehlt dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung, die Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften deutlich zu stärken.
  13. Die Enquete-Kommission empfiehlt dem Deutschen Bundestag, die Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften nach dem Urheberrechtswahrnehmungsgesetz bei einer Regulierungsbehörde des Bundes anzusiedeln und diese mit den erforderlichen personellen Ressourcen auszustatten.
  14. Die Enquete-Kommission empfiehlt der Bundesregierung, die Aufsicht anzuhalten, sich nicht auf eine Evidenzkontrolle zu beschränken, sondern auch im Einzelfall zu kontrollieren, dass die Verwertungsgesellschaften ihren gesetzlichen Verpflichtungen ordnungsgemäß nachkommen.

Der Schlussbericht der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages zum Thema „Kultur in Deutschland“ mit fast 800 Seiten kann bezogen werden über die ConBrio Verlagsgesellschaft, Regensburg.  Die Enquete-Kommission wurde geleitet durch die Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann (CDU). Mitglied der Enquete-Kommission waren nicht nur die verschiedenen Abgeordneten der einzelnen Bundestagsparteien, sondern auch Sachverständige wie u.a. Heinz Rudolf Kunze (Musiker und Songschreiber).

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Der Account der Online-Redaktion von Musiker Online, dem Musiker Magazin und dem DRMV.

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