While She Sleeps: Das läuft in der Musikindustrie falsch

Sie wollen alles anders machen: Die britischen Rocker von While She Sleeps brechen aus der Musikindustrie aus und versuchen abseits von großen Labels Geld zu verdienen. Wie das geht, verraten die Chartstürmer im Interview.

Mit Metalcore kann man 2021 keinen Blumentopf mehr gewinnen. Schon recht früh setzten While She Sleeps daher an, ihren Sound zu öffnen. Melodie, Elektronik, abwechslungsreiche Songstrukturen statt Schema F. Und obwohl sich die letzte Platte „So What?“ in Europa gut verkaufte und in Deutschland auf Platz 8 der Charts einstieg, bremste Corona die aufstrebende Band aus. Keine Touren, keine Festivals und dadurch auch deutlich weniger Einnahmen. Die Zwangspause in der Pandemie nutzte die Band für eine Art Fanklub, der genauso heißt wie ihr neues Album, „Sleeps Society“.

„Ich glaube, Covid-19 ist besonders für die Musikindustrie ein herber Schlag“, so Sänger Lawrence „Loz“ Taylor im Gespräch mit t-online. „Das betrifft nicht nur die Künstler, sondern auch die Crew, die Locations, das Management, die Labels. Alle. Die ganze Industrie muss pausieren und hat davon viel Schaden genommen. Wir konnten wenigstens die neuen Songs schreiben und aufnehmen. Diese Pause hat uns dafür einen völlig neuen Fokus gegeben.“

„Streaming hat so vieles drastisch verändert“

In den vergangenen Jahren haben sich die Briten von ihrem Label getrennt und machen nun alles im DIY-Verfahren. Dazu haben sie auch eine Art Fanklub gegründet, der Band und Fans verbinden soll.“Es ist jetzt nicht unbedingt ein Fanklub im klassischen Sinn, aber ja, die Sleeps Society hat definitiv Elemente davon. Wir hatten das Gefühl, dass wir auf viele Schwierigkeiten den Branche aufmerksam machen wollten, die gerne mal verschwiegen werden. Streaming hat so vieles so drastisch verändert und Künstler müssen das wieder ausbalancieren. Denn es gibt für jede Band eine Nachfrage, aber man generiert keinen Umsatz durchs Streaming. Labels und Managements wollen auch ihren Teil vom Kuchen haben, da bleibt für die Band wenig übrig.“

„Für junge Bands wird es immer schwieriger, eine Karriere aufzubauen. Das bereitet uns echt Sorgen. Das alles klappt vielleicht, wenn man ein Mainstreamkünstler ist, aber wir im Underground sind davon betroffen: Metal, Punk, Hardcore und so leiden durch das System.“

Daher gründeten sie ihren Fanklub, der keiner ist. „Wir haben diese Probleme, die es in der Industrie gibt, bei unseren Fans angesprochen und aufgezeigt, warum die Sleeps Society uns in unserer Karriere voranbringt und diese nachhaltig beeinflusst.“ Durch die Bezahl-Video-Plattform Patreon standen Musiker und Fans sich näher, konnten miteinander agieren und exklusive Inhalte wurden verbreitet. Und das alles digital. Vom Proberaum an die Computer daheim.

„Viele ‚Musikliebhaber‘ verstehen die Branche nicht“

Doch gerade, dass man für gut zehn Euro im Monat auf einer Streamingplattform seiner Wahl nahezu jegliche Musik hören kann, bereitet Taylor Kopfschmerzen. „Ich glaube, dass viele Leute, die sich selbst ‚Musikliebhaber‘ nennen, oft nicht verstehen, wie die Branche funktioniert. Künstler müssen sie darauf aufmerksam machen und erklären, was gerade passiert. Natürlich ist es einfach, einen Zehner zu zahlen und auf so viel Musik zugreifen zu können, wie man will, aber das bringt den Musikern nichts.“

Viele Leute würden die Arbeit, die hinter neuen Musikstücken steckt, nicht ganz verstehen. „Es ist nicht so einfach, dass man einen Song schreibt und den ins Internet stellt. Bei einer Karriere als Musiker steckt so viel mehr dahinter. Jeder, der eine Extrameile geht, verdient großen Respekt. Musik soll kein Wegwerfprodukt sein, sondern da steckt viel Zeit und Geld drin.“

 

Quelle: www.t-online.de | Text: Sebastian Berning | Fotoquelle: Instagram-Account von While She Sleeps; © Andreas Lawen, Fotandi (Wikipedia)

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